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Hier duftet es nach Linden und Gras: Ein Kurzurlaub in Prag

So schön unsere Oststeiermark auch ist, es lohnt sich auch dem Rest der Welt gelegentlich Aufmerksamkeit zu schenken. Aussischauen lautet die Devise! Passend zur Urlaubszeit gibts daher heute einen Reisetipp. Auf nach Prag! (Und ja, in der Überschrift ist mit „Gras“ nicht das grüne Zeug gemeint, das in Parks wächst, sondern eher jenes, das in Parks unter der Hand verteilt wird… 😉 )

Abseits ausgetretener touristischer Pfade

Das Prag aus dem Reiseführer klingt nach Kultur und Geschichte: Die Goldene Stadt, die Stadt der hundert Türme, die Stadt der unzähligen Kirchen… Zu sehen gibt es hier wahrlich genug. Natürlich haben auch wir uns den Wenzelsplatz, die St.-Veits-Kathedrale (bombastisch!) und die Karlsbrücke nicht entgehen lassen. Ein bisschen Kultur darf schließlich auch im Urlaub sein. Wobei Kultur – wie überall, wo es touristisch wird – auch hier bedeutet, gemeinsam mit unzähligen anderen Menschen aus aller Welt auf alte Steine oder Bilder zu starren. So schön diese auch sind, uns reichte das nicht. Wir wollten Prag erleben und Erinnerungen mit nach Hause nehmen, die in keinem Reiseführer stehen.

Drei Tage haben wir in Prag verbracht und nein, wir liefern dir keine Hotel- oder Restaurantempfehlungen. Wir sagen dir nicht, was du auf keinen Fall verpassen sollst. Erinnerungen mach man nicht nach Anleitung. Erinnerungen macht man, indem man sich treiben lässt, offenen Auges durch die Welt geht und sich einlässt auf eine Stadt, in der alles passieren kann.

Was in Prag passiert, bleibt in Prag

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Liebe Grüße an diesen lustigen Bräutigam aus Gelsenkirchen, der mit seinen Kumpels in Prag noch einmal so richtig die Gummiente rauslassen durfte.

Und in Prag passiert viel. Ähnlich wie in Las Vegas gilt auch hier oft: Was in Prag passiert, bleibt in Prag. Ob Tag oder Nacht, wer feiern will, findet dafür in Prag immer genügend Gelegenheiten und das Bier ist gut und günstig – die Tschechen sind die fleißigsten Biertrinker Europas und dementsprechend viel verstehen sie auch vom Gerstensaft. (Vom Wein hingegen verstehen sich nichts, nur um auch das einmal festzuhalten.)

Kein Wunder, dass Prag äußerst beliebt ist als Destination für Junggesellenabschiede. Alle paar Meter trift man auf lustig aufgemascherlte Damen- oder Herrenrunden, die fernab der Heimat die vermeintlich letzten Tage als freier Mensch ausgiebig begießen. Wenn du nicht aufpasst, kann dir passieren, dass du schon beim Mittagessen mit einem Bräutigam aus Gelsenkirchen in Tutu und Superman-Untergattn zu Helene Fischer einen Discofox hinlegst und dabei von belustigten Kellnern per Smartphone gefilmt wirst. Was in Prag passiert, bleibt in Prag. Oder auf Youtube.

Alles, nur keine Prager?

Prag hat 1,2 Millionen Einwohner, 40.000 davon leben in der Innenstadt. Dem gegenüber stehen 5,5 Millionen Touristen, die jedes Jahr die Stadt besuchen. Wer ein wenig die Ohren spitzt, hört deutsche, italienische, japanische oder englische Erklärungen zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten. Wer es dann auch noch selbst schafft, den Mund aufzubekommen, den erwarten nette Begegnungen.

So wie die mit den beiden Baselern Nikola und Christian in einem österreichischen Lokal in einem Hof unter der Karlsbrücke. Hierhin trieb uns der Patriotismus und die Neugier, und zwei Stunden sowie etliche Biere später hatten wir eine weitere Geschichte zu erzählen: Nämlich die vom verrückten Schweizer, der mitten im Gespräch seine Beinprothese abnahm und sie uns zur Ansicht überreichte.

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Ohne Worte… (Aber ein lässiger Typ!)

Den Tschechen sagt man nach, eine eher herbe Art zu besitzen. Sie seien, so heißt es, wie der tschechische Wein, von dem man einige Schlucke braucht, bis er zu schmecken beginnt. Wer mit Pragern ins Gespräch kommen will, sucht sich am besten ein wenig besuchtes Lokal in einem der kleinen Höfe. Hier haben die Kellner Zeit für ein Plauscherl und der Spruch bewahrheitet sich: Nach ein paar Sätzen ist das Eis gebrochen und man bekommt vielleicht sogar den einen oder anderen Geheimtipp zum Prager Nachtleben.

Prag – die Stadt, die nach Linden und Gras riecht

Prag ist grün, und zwar in jeder Hinsicht. Wer über den Wenzelsplatz spaziert oder die Moldau entlang flaniert, hat im Sommer sofort den Gerüch blühender Linden in der Nase. Die Linde ist der Nationalbaum der Tschechen, und obwohl diese Bäume unendlich viel Mist produzieren, stehen sie überall.

Wer sich ein paar Meter vom Touristentrubel wegbewegt, hat recht bald noch einen anderen ziemlich grünen Duft in der Nase. Wieder lautet das Zauberwort „Hinterhof“. In einem solchen fanden wir nicht nur einen Tätowierer, der uns das ultimative und ganz persönliche Prag-Souvenir verpasst hat, sondern auch eine Bar, in die sich wohl wenige Touristen verirren.

Bei uns würde man das „Moby Dick“ als heruntergekommene kleine „Windn“ bezeichnen. Umfallen kann man dort nicht, dafür wäre zu wenig Platz. An drei oder vier Tischen fläzen Einheimische und auf den ersten Blick wird klar, was für den interessanten Duft in dieser Windn sorgt: Überall wird sorgsam gedreht und gebaut und geraucht. In Prag wird gekifft, was das Zeug hält. Verboten ist das nicht wirklich, erlaubt aber auch nicht so recht, gibt uns der Chef des Hauses bereitwillig Auskunft.

Tatsächlich ist es so, dass der Besitz von Gras für den Eigenbedarf toleriert und maximal als Ordnungswidrigkeit behandelt wird. Der Handel gilt aber als Straftat, egal wie gering die Menge auch sein mag. Prags Ruf als Amsterdam des Ostens ist also etwas zu hoch gegriffen – uns ist das recht, wir bleiben ohnehin lieber beim Bier. Interessant ist es allemal, ein solches in der grünen Luft des Moby Dick zu trinken.

Prag muss man begreifen

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Von millionenfachen Berührungen glattpoliert, weil es Glück bringt: Relief an der Nepomukstatue auf der Karlsbrücke.

Wir haben uns sagen lassen, dass man unbedingt einmal über die Karlsbrücke flanieren muss, wenn man Prag besucht. Auf dieser autofreien Brücke tummeln sich Straßenkünstler, Musiker und Standler, die ihre Waren feilbieten – Touristenfalle deluxe. Die Brücke ist von Statuen gesäumt, und eine davon stellt den Heiligen Nepomuk dar, der von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und so ins Jenseits befördert wurde.

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Und das soll auch Glück bringen. Besonders begeistert schaut der junge Mann nicht drein, aber den Damen scheints zu gefallen.

Die beiden Reliefs zu Füßen der schwarzen Statue wirken wie pures Gold – unzählige Hände haben sie poliert. Der Legende zufolge soll nämlich jeder, der die Darstellung des Heiligen berührt, Glück haben. Wer den Hund auf dem Relief links streichelt, soll sich etwas wünschen dürfen. Innerhalb eines Jahres soll der Wunsch in Erfüllung gehen – wir halten euch auf dem Laufenden 😉

Zum Abschluss unserer Pragreise besuchten wir die eindrucksvolle Prager Burg, und auch hier entdeckten wir einen ähnlichen Glücksbringer: Am Fuße des Goldenen Gässchens, in dem der Schriftsteller Franz Kafka eine Zeit lang wohnte und arbeitete, steht die Statue eines nackten Jünglings. Dessen goldig poliertes bestes Stück ließ vermuten, dass es sich auch hierbei um einen Glücksbringer handelt – obwohl die meisten hier wohl eher ein lustiges Fotomotiv suchen. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, und wir bestätigen: Spaß macht die Aktion auf jeden Fall. Wer selbst nicht grapschen will, sieht einfach den anderen dabei zu, vorzugsweise aus dem Cafe gleich daneben. Wir versprechen: Wer einmal eine Horde mittelalter Damen, kichernd wie kleine Schulmädchen, beim Jüngling-Streicheln beobachtet hat, geht auf jeden Fall mit einem dicken Grinsen nach Hause.