Der heutige Senf zum Sonntag stammt nicht von Daniela – wir haben ihn verschenkt. Und zwar an Kerstin Feirer, eine liebe Freundin und kluge Frau, die als Mediatorin und Coach auch bei WIR OSTSTEIRER schon viel bewegt hat.
Kerstin hat sich Gedanken gemacht über das Schenken an sich, warum manche Geschenke gar nicht gut ankommen – und wie man sich lange Gesichter unterm Christbaum ersparen kann:
Die Krise unterm Weihnachtsbaum oder: warum tatsächlich der Gedanke zählt
Ein Geschenk kann Freude machen. Und Ärger! Obwohl man etwas bekommen hat, bleibt es aus: das gute Gefühl beschenkt worden zu sein. Vielmehr fühlt es sich manchmal an, als hätte man sich einen Schlag ins Gesicht eingefangen.
Verhöhnend wirkt die hübsche Verpackung in Anbetracht der Kränkung, die sich darin befindet. Man fühlt sich mies, ohne zu verstehen, was gerade geschehen ist. Ist es doch ein Geschenk mit dem Anspruch, Freude zu machen. Wie kann es nur sein, dass etwas zu bekommen derart schmerzhaft sein kann?
Verfehlte Kommunikation
Die Antwort liegt nicht in der Sache selbst, die man in Händen hält. Egal ob groß, klein, teuer oder selbst gemacht, nichts davon garantiert Freude darüber. Schenken hat viel weniger mit dem Materiellen zu tun, als man annehmen möchte. Ist es doch ein subtiler Statusbericht über die Beziehung zwischen dem Schenkenden und dem Beschenkten.
Eine Aussage, die enttäuschen kann, wenn das, was der Schenkende sagen wollte, nicht verstanden wurde. Wenn das, was der Beschenkte hören wollte, nicht gesagt wurde. Verfehlte Kommunikation ohne, dass auch nur ein Wort fallen musste.
Ist es also der Gedanke, der zählt? Ja! In die eine, wie in die andere Richtung. Man macht sich eben Gedanken über denjenigen, den man beschenkt. Und der Beschenkte fragt sich natürlich:“ Was hat sich derjenige über mich gedacht?“
Parfum ist ein hervorragendes Beispiel für ein solches Desaster. Der Schenkende denkt sich vielleicht: „Sie riecht immer gut, sie scheint Düfte zu lieben und bei der knappen Kasse wird sie sich diesen besonders edlen Duft nicht selbst leisten.“ Die Beschenkte in diesem Fall könnte denken:“ Oh mein Gott! Obwohl ich mich so bemühe, gut zu riechen, stinke ich für ihn…“ Freude wird bei solchen Gedanken nicht aufkommen, egal ob es sich um ihr Lieblingsparfum handelt, oder nicht.
Wer jetzt meint, mit Pragmatismus einer solchen Situation entgehen zu können, der hat oder wird noch sein blaues Wunder erleben. Etwas zu bekommen, was man braucht, noch dazu von jemanden, der weiß, dass man es braucht, kann besonders bitter sein. Selbst dann, wenn allen Beteiligten die Notwendigkeit des Geschenks klar ist. Was hier zum Glück fehlt, sind die Gedanken, die zählen.
„Er keine Socken mehr!“, denkt sie sich und schenkt wie jedes Jahr zehn Paar Socken um den Sockenvorrat aufzufüllen. „Sie macht sich überhaupt keine Gedanken mehr über mich!“ denkt er sich. Enttäuscht darüber, dass die Beziehung scheinbar nur mehr aus Alltag besteht.
In beiden beschriebenen Fällen entsteht ein Ungleichgewicht in der Kommunikation. Die erwartete Reaktion des Beschenkten bleibt aus und der Schenkende bekommt deutlich oder unterschwellig zu spüren, dass etwas nicht stimmt. Anstatt sich zu denken: „Ups – Botschaft nicht angekommen! Vielleicht sollte ich mich klarer ausdrücken und erklären, wie es gemeint ist“ reagiert der Schenkende mit Unverständnis.
Schließlich hat man ein Geschenk gemacht. In die Beziehung investiert, ob gedanklich oder monetär ist hierfür irrelevant. Der Dank und die Freude des Beschenkten ist der notwendige Ausgleich, um die Beziehungsbilanz in Balance zu halten. Bleibt beides aus, entsteht eine Schieflagen, die wie das Geschenk ausgewertet wird. Wieder ein Statusbericht, der darüber Auskunft gibt, wie es zwischen einander steht.
Kurz gesagt, jetzt fliegen die Fetzen. Wegen des Geschenks, des Essens, der Schwiegereltern oder wegen einer liegen gelassenen Socke. Egal, man ist sich uneins.
Wichtig ist die Botschaft
Beim Schenken geht es eben nicht um die Sache. Sie steht lediglich für etwas, das durch das Geschenk zum Ausdruck gebracht werden soll. Deshalb hier noch ein paar Tipps, wie ein Geschenk tatsächlich Freude machen kann:
Bevor du schenkst, denk darüber nach, was du damit zum Ausdruck bringen willst. Liebe? Dankbarkeit? Fürsorge?
Wenn dir das klar ist, überleg dir, wie der Beschenkte die Botschaft am leichtesten hören/sehen/fühlen kann. Gibt es in eurer Beziehung ein Symbol dafür? Dann greif es auf. Oder lass das Geschenk an sich zum Symbol werden.
Gibt es eine Wunschliste? Auch gut, dann überleg dir, welches Geschenk am besten zu deiner Message passt. Wenn du sicherstellen willst, dass die Botschaft ankommt, dann leg eine Karte bei. Erkläre dich und lass den Beschenkten an deinen Gedanken teilhaben. Spekulationen sind dann überflüssig.
Sorg für Unvorhersehbarkeit. Auch wenn unter dem Christbaum die erwarteten Socken liegen, kann ein Wort über Vertrautheit und Innigkeit selbst Socken in einem gänzlich anderen Licht erstrahlen lassen. „Trotz jahrelangem Alltag kümmere ich mich noch immer gerne um Dich!“ könnte die Nachricht lauten, die zum Ausdruck bring: „Du bist mir noch immer wichtig!“
Wenn du merkst, dass dein Geschenk nicht das gewünschte Ergebnis, also Freude, bringt, dann frag nach. Frag, wie es angekommen ist und erkläre, wie du es gemeint hast.
Sei nicht traurig, wenn deine Botschaft nicht sofort den Empfänger erreicht, denn manchmal ist genau dieses aufeinander Eingehen das größte Geschenk, das man einander machen kann.