WIR OSTSTEIRER reden mit Menschen, die etwas zu erzählen haben. Wir wollen wissen, wie die Oststeirer ticken. Diesmal verrät uns Diana Müller aus Feldbach, warum sie sich sozial engagiert und was sie daraus fürs Leben gelernt hat.
Wie tickst du, Diana Müller?
Ich bin… ein Genussmensch
Ich will… immer wieder Neues lernen
Ich werde nie… gelangweilt sein
WIR OSTSTEIRER (WOS): Du sagst, dir wird nie langweilig sein. Hast du so viel zu tun?
Diana Müller: Ja, schon. Momentan bin ich in Spanien und mache ein Praktikum im sozialen Bereich – im Obdachlosenheim und im Seniorenheim. Generell studiere ich Soziale Arbeit und Management in Graz an der FH Joanneum und arbeite im Asyl- und Migrationsbereich.
WOS: Da kann dir ja wirklich nicht langweilig werden. Wie bist du darauf gekommen, für dein Praktikum nach Spanien zu gehen?
Diana: Ich hab die HLW Sozialmanagement in Graz absolviert und im Rahmen dieser Ausbildung auch mehrere Praktika Ausland gemacht: In Polen, Griechenland, Spanien, Volontariate in Rumänien und danach in Kuba. Ich liebe es zu reisen und im Ausland Arbeitserfahrungen zu sammeln, vor allem weil man dabei mit anderen Kulturen, Mentalitäten, Arbeitsweisen- und Systemen konfrontiert wird und man vieles dabei lernen kann.
WOS: Und was hast du dabei gelernt?
Diana: Die Lebensverhältnisse in Teilen von Polen oder Rumänien zum Beispiel sind ganz andere als hier. Wir jammern auf sehr hohem Niveau und manchmal frage ich mich, warum man sich hier das Leben so oft wegen Kleinigkeiten schwer macht. Ereignisse, die mein Leben geprägt haben waren hauptsächlich Momente in der Arbeit. Wenn man sieht, was wirkliche Armut und Ungleichheit bedeutet, dann fängt man an, Dinge viel mehr zu schätzen und für vieles dankbar zu sein. Für uns sind viele Dinge selbstverständlich, die für andere Menschen Luxus sind: Sei es der tägliche Kaffee, sauberes Trinkwasser, die Tatsache, dass man eine Familie hat oder einfach eine Umarmung von einem Menschen, den man liebt.
WOS: Kann Langeweile auch Luxus sein?
Diana: Langeweile zu haben bedeutet Zeit zu haben und Zeit ist auf alle Fälle Luxus.
WOS: Woher kommt deine soziale Ader?
Diana: Ein Teil durch meine Erziehung, da meine Mutter auch im sozialen Bereich arbeitet. Geprägt worden bin ich aber sehr in meiner Schule, die den Schwerpunkt Sozialmanagement hatte. Es gibt so viele Menschen, die im Gegensatz zu mir grundlos benachteiligt sind, sei es aufgrund einer Krankheit, Armut, Einsamkeit, Krieg… Soziales Engagement ist für mich auch eine Form, Danke zu sagen für die Dinge, die mir gegeben worden sind, ohne dass ich etwas dafür geleistet hätte.
Soziale Arbeit ist auch eine sehr erfüllende Tätigkeit. Für mich gibt es keine Arbeit, die mir mehr Freude bereitet. Wenn man seine Zeit und Ressourcen mit anderen Menschen teilen kann, bekommt man unglaublich viel von den Menschen zurück. Wenn die Hilfe nachhaltig ist, ist es außerdem auch eine Win-Win-Situation: Der Leitsatz der Sozialen Arbeit ist nämlich die Hilfe zur Selbsthilfe, also Menschen in Not nur solange zu unterstützen, bis sie nicht mehr auf die Hilfe anderer angewiesen sind und ihren Alltag unabhängig und selbstständig bewältigen können.
WOS: Wie wichtig ist bei deiner Arbeit Empathie und Einfühlungsvermögen? Musst du dich emotional abgrenzen?
Diana: Ja, Abgrenzung ist oft notwendig. Wenn man sich zu sehr in das Leid der anderen hineinsteigert oder sich rund um die Uhr für das Wohl anderer verantwortlich fühlt, schadet man sich selbst. Das ist allerdings nicht immer so einfach. Du siehst Menschen, die so viele Schicksalsschläge und negative Erfahrungen hinter sich haben, wie es sich der „Durchschnittsmensch“ gar nicht vorstellen kann. Vernachlässigung, Missbrauch, menschenunwürdige Zustände, Kriegstraumata. Hier immer rational zu denken ist glaube ich unmöglich.
WOS: Welche Erfahrung, die du in deiner Arbeit gemacht hast, möchtest du anderen Menschen gern weitergeben?
Diana: Menschen nicht aufgrund eines Verhaltens, das mir persönlich nicht passt, abzuwerten oder sie dafür zu verurteilen. Jemand der nicht fließend Deutsch spricht, nicht arbeitet, Drogen nimmt oder trinkt ist deshalb nicht weniger wert als wir. Ich würde mir wünschen, dass man sich, bevor man urteilt, zuerst in die Lage anderer hineinversetzt und sich fragt: Warum handelt die Person so, was würde ich an seiner oder ihrer Stelle tun, wie würde ich mich fühlen?
Man kann nicht immer von sich selbst auf andere schließen. Wir verlangen oft von anderen Dinge, die wir selbst nie in deren Situation umsetzen könnten. Das regt mich auf. Jedes Verhalten hat einen Grund und jeder Mensch seine eigene Geschichte. Das einzusehen und zu akzeptieren ist wesentlich für ein gutes Zusammenleben in der Gesellschaft.