Ein Leben für’s Leder: Einer der letzten Sattler Österreichs erzählt

Es gibt Berufe, die im Aussterben sind. Franz Jeindl aus Krachlberg in Lassnitzhöhe bei Graz hat einen solchen Beruf. Der 84-Jähriger ist Sattler, Tapezierer und Gürtelmacher. Obwohl er eigentlich schon längst in Pension ist, führt er sein Handwerk noch immer auf Messen und Veranstaltungen vor und liebt seinen Beruf wie eh und je.

„Früher“, erzählt Jeindl, „war der der Sattler eine häufiger und angesehener Beruf.“ Viel hat sich seit her verändert. Angesehen ist der Sattler noch immer, aber in ganz in Österreich gibt es nur sieben Menschen davon die ihn ausüben, die meisten davon sind Frauen. Sattler so sagt er, gab es an jeder Ecke Leute, die dieses Tätigkeitsfeld ausübten. Heute gibt es in ganz Österreich insgesamt nur mehr sieben Leute, die den Beruf des Sattlermeisters erlernen wollen, vorwiegend Frauen.

Vom Gürtel bis zum Lederlenkrad

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Franz Jeindls alte Nähmaschine hat schon einige Jährchen auf dem Buckel, leistet aber immer noch gute Dienste.

Sattler stellen alles her, was mit Leder und dessen Bearbeitung verbunden ist. Diese Produkte sind vielfältig. Da ist alles dabei von der Kellnerbrieftasche, die der Taschner im Programm hat, über Polsterungen für Autos, Flugzeuge oder Schiffe vom Fahrzeugsattler bis hin zum ursprünglichsten und namensgebenden Betätigungsfeld der Sattler – Sättel und Zaumzeug für den Reitsport.

Franz Jeindl ist ein Allrounder. Während man sich heute als Sattlerlehrling bereits von Anfang an für einen Bereich entscheidet, hat er noch alles gelernt, was ein Sattler wissen muss. Dieses Wissen gibt er auch gerne weiter: „Neulich kam ein Mädchen zu mir, das gerade die Meisterprüfung macht. Ich habe ihr einige alte Techniken gezeigt, die ihr bisher keiner zeigen konnte. Heutzutage lernt niemand mehr von der Pike auf.“

Sorgfältig und mit Bedacht setzt er die nächsten Stiche an dem Zaumzeug, an dem er gerade arbeitet. Jeder Stich muss sitzen, damit später nichts drückt, scheuert oder dem Pferd Schmerzen bereitet.

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Auf seine handgefertigten Lederschnallen ist Franz Jeindl besonders stolz.

Franz Jeindl weiß: Jedes Pferd ist anders und jeder Pferdekörper hat andere Maße. Zaumzeug, Sattel, Riemen, Brust-, Hals- und Kopfgeschirr müssen individuell auf seinen Träger abgestimmt werden – und zwar mit höchster Präzision. Sonst kann das böse enden, erklärt Franz: „Es darf nirgendwo zwicken! Ist der Riemen zu eng angebracht, kann das Pferd sogar erblinden.“

Unzählige Geschichten hat Franz Jeindl zu erzählen, nicht nur mit seinen Worten. Ebenso beredet sind seine Hände, die selber wie altes Leder wirken und denen man so viel Fingerspitzengefühl kaum zutraut. Sein Rücken, über ein Werkstück gebeugt, erzählt von der harten Arbeit und von der Geduld, die dieses Handwerk erfordert. In seinen Augen, die schon so viel gesehen haben, blitzt immer noch der Schalk.

Glücklich ist Franz Jeindl nicht darüber, dass sein Handwerk mittlerweile fast ausgestorben ist: „Es hört sich halt alles auf. Die Kutschierer und Reiter kaufen ihr Material lieber in Amerika, das ist billiger. Auf die Qualität schaut ja kaum einer mehr.“

Seinem Handwerk will Franz treu bleiben, solange er kann. Bald muss er an der Hand operiert werden. Das macht ihm Sorgen: „Ich weiß nicht, ob ich danach den Beruf noch machen kann.“ Was bleibt, sind nicht nur unzählige Werkstücke, sondern auch tiefgreifendes Wissen – solange sich jemand findet, der es weiterträgt, geht nichts verloren.