Verena Ruprecht ist Floristin mit Leib und Seele. Blumen und die Arbeit damit sind ihre Leidenschaft. Seit wenigen Tagen darf sich die 31-jährige sogar Meisterfloristin nennen. Nach zwei Jahren des Streberns an der Akademie für Naturgestaltung legte sie ihre Meisterprüfung ab – und bestand mit Auszeichnung. Eines ihrer Meisterstücke: Ein Zitat Albert Einsteins. (Ja, wir können uns deine fragezeichenfaltige Stirn vorstellen, aber dazu kommen wir später 😉 )
Wer bei Meisterfloristik an „Blümchen pflücken und lieb arrangieren“ denkt, ist selber schief gewickelt. Die Anforderungen sind hoch, der Lehrstoff ist umfangreich – und beinhaltet vieles, das der Laie dem Beruf der Floristin nicht unbedingt zuordnen würde: Stilepochen und Architektur zum Beispiel. „Mich hat das zwar immer interessiert, aber es war befremdlich. Wozu braucht man das, wozu muss man das wissen?“, meint selbst Verena. „Ich habe ein wenig Zeit gebraucht, um zu kapieren, warum man als Floristin beispielsweise den Stil einer Kirche zuordnen können soll.“
Wichtig ist das zum Beispiel beim Blumenschmuck für eine Hochzeit: Findet die in einer gotischen Kirche statt? Dieser Stil ist himmelstürmend hoch gebaut und verlangt nach etwas Hohem und Transparentem, das eine solche Kirche auch ausfüllt. Im Gegenzug dazu braucht eine Barockkirche Opulenz, alles muss üppig sein. Erst wenn das zusammenpasst, dann ist es die perfekte Gestaltung.
Zwei Jahre lang dauert die Vorbereitung auf die Meisterprüfung: Vier Kursblöcke sind zu absolvieren, dazwischen müssen schriftliche Arbeiten eingereicht und Werkstücke umgesetzt werden. Viele hätten damit schon genug zu tun. Verena ist aber auch noch Mama zweier Kids im Kindergartenalter. „Ich wollte die Meisterprüfung schon länger machen,“ erzählt Verena, „aber man findet immer Ausreden, warum der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen ist.“ Jetzt, bevor die Kinder in die Schule gehen, hat es gepasst.
„Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“
(Albert Einstein)
Sechs Werkstücke mussten die angehenden Meister im praktischen Teil der Prüfung erstellen: Einen Kranz, eine Bepflanzung, einen Strauß, eine Füllung für ein Gefäß, einen Brautstrauß und eine Themenarbeit, bei der die Prüflinge zu einem vorgegebenen Zitat einer berühmten Persönlichkeit eine florale Komposition kreieren mussten. Verena zog Albert Einstein aus der Lostrommel und übersetzte dessen Worte „Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“ in die Sprache der Blumen.
Und wie macht man das? „Du musst dich zuerst einmal einlesen: Was hat Albert Einstein gemacht, wie kannst du das umsetzen?“, erklärt Verena. „Es muss zu dir als Person und auch zum Thema passen. Du brauchst eine Idee, aber dann kommt erst die Umsetzung. Was ist machbar? Da stößt du schnell an die Grenzen der Technik.“ Verena entschied sich dazu, den Kreiselkompass, an dem Einstein maßgeblich beteiligt war, als Grundlage ihrer Gestaltung heranzuziehen. „Für mich ist der Kompass das Symbol, das den Weig weist, wohin du gehst. Welchen Weg schlägst du ein?“
Ebenso wichtig wie die Idee ist die handwerkliche Umsetzung. Auf schönes Handwerk und saubere Technik wird in der Akademie für Naturgestaltung besonderer Wert gelegt: Ein stimmiges Farbkonzept, passende Texturen, sauber angeschrägte Blumenstiele, ordentliche Bindestellen. „Ein Kranz, bei dem man den Bindedraht sieht, ist kein schönes Handwerk,“ erklärt Verena.
Zwei Jahre Ausbildung und fünf anstrengende Tage voller Prüfungen haben sich gelohnt: Am Ende stand für Verena die Aufnahme in die Akademie im Rahmen einer Feier im Stift Zwettl, bei der die fertigen Meisterstücke präsentiert wurden. „Das war sehr emotional,“ erzählt Verena und setzt hinzu: „Ohne meine Helferin Verena Windhaber und ohne meine Familie wäre der Weg dorthin gar nicht möglich gewesen.“
Für Verena war es eine ganz besondere Zeit. „Man lernt handwerklich und persönlich so viel dazu und entwickelt sich enorm weiter,“ meint sie. „Es fließt viel von der eigenen Persönlichkeit in jedes Werkstück ein.“ Dazu muss man die eigene Persönlichkeit aber erst einmal ergründen und erforschen, erkennen wo die eigenen Grenzen liegen und – so wie Verena – feststellen, dass man darüber hinaus gehen kann.