Matthias Rybar ist 22 Jahre alt, kommt aus Gleisdorf und studiert BWL. Seine Nächte und seine Wochenenden verbringt er regelmäßig nicht etwa zuhause auf der Couch, beim Fortgehen oder in seinem Bett, sondern in einem eher spartanisch eingerichteten Dreibettzimmer. Ungestörte Nachtruhe genießt er hier nicht: Matthias wird aus dem Tiefschlaf gerissen und muss los. Das nimmt er allerdings gerne in Kauf.
Matthias ist freiwilliger Sanitäter beim Roten Kreuz in Gleisdorf. WIR OSTSTEIRER haben ihn auf seiner Dienststelle besucht und bekamen einen kleinen Einblick in den Alltag bei der Rettung.
Eines ist klar: „Sani“ zu sein ist ein Knochenjob. Rotkreuzmitglieder durchlaufen eine umfassende Ausbildung, hauen sich Tage und Nächte auf ihrer Dienststelle und bei Einsätzen um die Ohren, erleben immer wieder stressige und belastende Situationen, können für Fehler bei ihrer Arbeit sogar belangt werden und bekommen für all das keinen Cent bezahlt. Die erste und wichtigste Frage an Matthias ist also: Warum tut man sich das an?
„Ich hab absolut keine Ahnung!“ lacht Matthias und erzählt, wie er zum Roten Kreuz gekommen ist: „Irgendwann mit 17 bin ich zufällig als Ersthelfer zu einem schweren Motorradunfall gekommen. Das ist in meinem Kopf hängen geblieben und hat in mir den Wunsch geweckt, so etwas wirklich zu können. Es hat aber noch einige Zeit gedauert, bis ich über zwei Freunde, die bei der Rettung waren, einmal in diesen Betrieb reinschnuppern konnte. Nach dem ersten Probenachtdienst war mir klar: Das will ich machen.“
Seit 2013 gehört Matthias mittlerweile zum Gleisdorfer Rettungsteam. Anfangs hieß es: Strebern, strebern, strebern. „Du darfst von Anfang an im Rettungsauto mitfahren und machst parallel dazu die Saniäterausbildung,“ erzählt Matthias. „Nach der ersten Zwischenprüfung darfst du bei Einsätzen auch handeln und Patienten versorgen.“ Ein Tutor steht jedem Jungsanitäter zur Seite und begleitet ihn über die gesamte Ausbildungszeit.
Krankentransporte gehören zu den geruhsameren Aufgaben der Sanitäter. Die finden meist tagsüber und unter der Woche statt, wenn die fünf hauptamtlichen Mitarbeiter Dienst machen.
Am Wochenende und in der Nacht übernehmen die Freiwilligen in 12-Stunden-Schichten den Dienst. Matthias erklärt, wie so eine Schicht abläuft: „Zuerst wird das Auto kontrolliert. Wenn alles bereit ist, meldest du der Leitstelle deine Bereitschaft. Und dann wartest du. Tratschen, Karten spielen, Fernsehen, Schlafen… Kann sein, dass du die ganze Nacht gar nichts hast oder du fährst durch. Es kann jederzeit losgehen. Vom Tiefschlaf ins Rettungsauto in unter einer Minute ist dann ganz normal.“
Auch die Retter brauchen manchmal Hilfe
Viele Einsätze können die Sanitäter dank ihrer guten Ausbildung und Ausrüstung selbstständig abschließen. In schwereren Fällen kommt der Notarzt dazu. Bei ihrer Arbeit tragen die Rettungsmitarbeiter nicht nur ihren Patienten gegenüber große Verantwortung. Auch die Freiwilligen selbst müssen sich durch verantwortungsvolles Verhalten schützen. Denn, so Matthias: „Du haftest als Sanitäter dafür, wenn du Mist baust. Wenn du einen Patienten nicht ordnungsgemäß versorgst, wenn du keinen Notarzt nachholst, wenn du als Fahrer einen Unfall verursachst, wirst du natürlich auch zur Verantwortung gezogen.“
Die Einsätze selbst gehen an den Sanitätern nicht immer spurlos vorüber. Belastende Erlebnisse verarbeiten die Kollegen gemeinsam. „Wenn du einen Verunfallten persönlich kennst oder wenn etwas mit Kindern passiert ist, das nimmt einen schon mit. Dann reden die Kollegen miteinander. Wir haben ein extrem gutes Klima auf der Dienststelle, jeder hat Freunde hier und da nimmt man sich gegenseitig die Last von den Schultern,“ erklärt Matthias. Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, mit eigens geschulten Mitarbeitern zu sprechen. „Das habe ich zum Glück noch nie gebraucht,“ meint der 22-jährige.
Matthias hat bei der Rettung eine Aufgabe gefunden, die ihn begeistert: „Wenn du einen Patienten später triffst und weißt, du hast ihm geholfen, das entschädigt für alle Unannehmlichkeiten. Und du hast hier Leute, mit denen du gern deine Freizeit verbringst – das ist wichtig, denn du pickst stundenlang aufeinander. Ich habe hier Freunde gefunden. “
Am 3. September 2016 wird gefeiert – und alle sind eingeladen
Auf der Rotkreuz-Dienststelle in Gleisdorf sind alle mit Leidenschaft dabei: Fünf hauptberufliche Mitarbeiter, sechs bis sieben Zivildiener und gut 140 Ehrenamtliche sorgen dafür, dass die Menschen in und um Gleisdorf im Notfall erstklassig versorgt werden können.
Bei so viel Einsatz haben sich die Retter einmal im Jahr auch ein wenig Spaß verdient, und deshalb wird am Samstag, 3. September, beim traditionellen Dämmerschoppen gefeiert – und die Sanis wünschen sich, dass möglichst viele Menschen mit ihnen feiern.
Essen, trinken und mit den Rot-Kreuz-Mitarbeitern plaudern steht dabei auf dem Programm. Der Dämmerschoppen beginnt um 17 Uhr, der Eintritt ist frei. „Die lustigen Karl“ sorgen für Musik, es gibt ein Kinderprogramm und eine Verlosung, bei der es tolle Preise zu gewinnen gibt. Gefeiert wird bei jedem Wetter!
Die Einnahmen aus der Veranstaltung kommen der Kameradschaftspflege auf der Rot-Kreuz-Ortsstelle Gleisdorf zugute.