80 hungrige verwilderte Hunde stehen dir gegenüber – was würdest du tun?

„Man glaubt gar nicht, wie sehr Hunde verwildern können. Sie verlieren jeden Haustierreflex – das brave Hunderl wird im Rudel zum bösen Wolf.”

Das sagt Karl Bauer, und er weiß, wovon er spricht. Der Gleisdorfer ist seit zehn Jahren beruflich oft im Kosovo und hat vor Ort erfahren, wie Straßenhunde zur tödlichen Gefahr werden können. Tausende herrenlose Hunde treiben sich dort herum.

 

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Karl Bauer ist Tierarzt und Unternehmer und beruflich oft im Kosovo unterwegs.

 

Karl Bauer erklärt: “Die Hunde sind überall unterwegs und betteln um Futter. Sie sind ja lieb, aber grauslich beinand, haben die Räude und sind wahrscheinlich verwurmt. Gefährlich werden sie aber im Winter, wenn es kalt wird und sie nichts zu fressen finden. Dann rotten sie sich zusammen zu Rudeln mit 50 bis 80 Hunden, ziehen durch die Dörfer und fallen Menschen an.”

Die Hunde kämpfen ums Überleben, und alles, was sich bewegt, ist ein potentielles Opfer. Wer sich einer solchen hungrigen Horde gegenübersieht, hat schlechte Karten: Immer wieder gibt es Todesfälle. Besonders gefährdet sind Kinder auf dem Schulweg.

Bisher wurden diese Hunde einfach erschossen. Diese Praxis ist mittlerweile aber auch im Kosovo umstritten. Daher wird nach anderen Wegen gesucht, um die Situation in den Griff zu bekommen.

“Im letzten Jahr habe ich mitbekommen, dass es ein interessantes Projekt gibt, wo sich Tierärzte, mit denen ich zusammenarbeite, um streunende Hunde kümmern,” erzählt Karl Bauer. “Sie fangen die Hunde mit Fallen, kastrieren sie in ihrer Praxis und lassen sie dann wieder frei.“ Wenn sich die Hunde nicht mehr vermehren können, kann man den Bestand auf lange Sicht dezimieren. Tierheime gibt es nicht.

 

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In solchen Fallen wurden die Hunde bisher gefangen, um sie zu kastrieren.

 

Diese Methode ist aber nicht ungefährlich. “Zu einem agressiven Hund kannst du nicht einfach so hin. Das sind ja keine Schoßhunde, sondern Straßenköter: große, starke Hunde.”

Hunde umblasen als Hilfsprojekt

Karl Bauer regte daher an, die Tiere mittels Blasrohr zu narkotisieren. Das Werkzeug dafür – sprich: Blasrohre und Narkosepfeile – kommt aus der Oststeiermark. Auch ein Narkosegewehr soll angeschafft werden. Damit kann man aus 20 Metern Sicherheitsabstand arbeiten.

Karl Bauer kauft die Materialien hier ein und schickt sie in den Kosovo. Wieviel er dafür ausgibt, verrät er nicht genau. Bauer ist selbst Tierarzt, eine tierschutzgerechte Lösung liegt ihm daher am Herzen: “Ein paar tausend Euro – für mich ist das ein kleiner Beitrag zu einem wichtigen Thema.”

 

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Blasrohre mit Narkosepfeilen helfen den Tierärzten dabei, die Streuner sicher einfangen zu können.

 

In Suva Reka und Prizren wurden in den letzten beiden Jahren 1.000 Hunde kastriert. Hier übernehmen die Gemeinden die Tierarztkosten. Bei vielen Gemeinden scheitert es aber am Geld, solange auch die Menschen ums wirtschaftliche Überleben kämpfen.

“Die Straßenhunde zu erschießen wäre sicher kostengünstiger, aber so gibt es eine tierschutzgerechte Lösung,” meint Karl Bauer. Positiver Nebeneffekt: Durch das Projekt konnte die Tierarztpraxis in Suva Reka bereits einen weiteren Tierarzt einstellen.