Mein kleiner Bruder und ich haben uns vor Kurzem über seinen Körper unterhalten. Im vergangenem August hatte er eine kleine Operation. Seine Polypen wurden entfernt, da sie angeschwollen waren und das hatte auch Auswirkung auf sein Gehör. Nach dem Eingriff konnte er wieder viel besser hören, und wir sprach darüber. Dabei kam mir der Gedanke ihm ein Buch über den menschlichen Körper zu besorgen. Ich entschied mich für ein nettes Kinderbuch mit Klapptexten und wir gingen es gemeinsam, Seite für Seite, Klappe für Klappe, durch.
Es ist wirklich ein schönes Buch – Die einzelnen Seiten sind mit passenden Bildern aufgebaut und die Erklärungen dazu, auch für Kinder im Alter von fünf Jahren, super verständlich gestaltet. Viele anschauliche Vergleiche werden aufgezeigt und ich glaube, vor allem das war ausschlaggeben für seine Begeisterung. Wir gingen es also gemeinsam durch und erfuhren zum Beispiel wofür man seine Organe benötigt, dass Kinder mehr Knochen als Erwachsene haben und dass unser Gehirn ziemlich viel auf dem Kasten hat.
Dann kamen wir auf eine Seite die mich etwas nervös machte. Es war die letzte Klappe die mir Sorge bereitete. Ich versuchte nach der vorletzten schnell umzublättern, um dieses Thema zu meiden. Aber ich war zu langsam – Der Kleine hatte sie bereits entdeckt und bestand darauf sie zu öffnen. Auf dem Bild konnte man einen hustenden Mann erkennen. Er hatte eine Schachtel Zigaretten eingesteckt. Mein Bruder zeigte auf den Text, was soviel heißen sollte wie „Vorlesen, bitte!“. Scham brach über mich herein.
„Rauchen ist sehr ungesund.“, las ich vor.
„Ja, das weiß ich“, erwiderte er und öffnete die Klappe. Derselbe Mann war zu sehen, nur dieses Mal mit seinen inneren Organen, die Lunge: SCHWARZ. Zögerlich las ich weiter: „Zigarettenrauch beschädigt das Herz und die Lunge und kann tödliche Krankheiten verursachen. Außerdem macht Zigarettenrauch die Lunge eklig und schwarz“ (Usborne Verlag, Dein Körper). Mein kleiner Bruder sah mich fragend an, am liebsten wäre ich im Erdboden versunken.
„Rauchst du?“
Ich zögerte. Am liebsten hätte ich ihn belogen, aber auch das kam mir nicht richtig vor. Außerdem ist er ja auch nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommen.
„Manchmal“, verschönerte ich es.
„Weißt du nicht, dass das ungesund ist?“
„Doch schon“
„Willst du, dass deine Lunge schwarz wird?“
„Nein“
„Willst du Husten haben?“
„Nein“
„Aber warum rauchst du dann?“
Gute Frage, ich hatte keine Antwort darauf. Ich schämte mich, wusste aber, dass er auf eine Antwort beharren würde. Wie soll man einem kleinen Kind erklären, dass man bis jetzt einfach zu faul zum Aufhören war oder zu wenig konsequent?
Alle Raucher kennen die Risiken die mit der ach so geliebten Zigarette verbunden sind, trotzdem ignoriert man sie. Jedes Mal wenn er mich dabei erwischt, kommt die Frage auf, ob ich denn schon wieder vergessen hätte, dass ich nicht rauchen dürfe. Und jedes Mal, wenn das passiert, könnte ich mir selbst eine reinhauen. Es macht mich traurig und wütend zugleich, dass ich so dumm bin und es nicht lassen kann.
Ich versprach ihm also aufhören zu wollen, und das meinte ich auch aufrichtig so. Schon zwei oder drei mal hatte ich den Versuch gestartet, mich von den viel zu teuren und lästigen Begleitern zu trennen. Allerdings meist mit nur sehr wenig Ansporn, deshalb habe ich auch nie lange durchgehalten.
Vielleicht habe ich jetzt durch ihn die richtige Motivation gefunden – Denn lieber wäre ich die rauchfreie große Schwester.